Teil 19, von der Gartenkiefer zum Bonsai

Tsukubai

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Hallo Zusammen,

ein sehr guter Bekannter hatte in seinem Vorgarten eine Bergkiefer stehen. Dieser sagte zum einem der Standort nicht zu und hatte mehrmals im Jahr Raupenbefall. Die Folge war ein schütterer Wuchs mit kleinen Nadeln.
Eigentlich sollte diese Bergkiefer in der Biotonne enden, aber da meine "Bonsaiäuglein" eine sehr interessante und natürlich wirkende Stammbiegung vernahm, versuchte ich diesen Baum zu retten.

Beim Ausgraben der Kiefer war klar, warum die Kiefer Ihre Probleme hatte. Neben dem trockenen Standort und den Schädlingen, war deutlich zu erkennen, dass diese Kiefer irgendwann einmal in einer Baumschule erworben wurde. Um den Erdballen war noch das Ballentuch zu erkennen. Alte Balltücher bestehen nicht aus Jute die im Erdreich verrottet, sondern aus Kunststoffgewebe, welches bei Nichtöffnen den Baum im Alter einschnürt.

Für die Bergkiefer an diesem Standort doof, für mich aber toll :lol:
So blieb der Erdballen erhalten und konnte bedingt durch die kleine Größe kurze Zeit später in eine Schale gesetzt werden.

Normalerweise gestalte ich meine Bäume immer zum Winterende, aber da Bergkiefern so robust sind und sowieso die Verdunstungsmasse reduziert werden mußte, begann ich noch am gleichen Tag mit der Gestaltung (ich hätte auch keine Geduld gehabt bis zum Frühjahr zu warten :lol: )

Fortsetzung folgt

Viele Grüße :wink:
Thomas
 

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Tsukubai

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Hallo Zusammen,

als erste Aufgabe galt es nun die Ansichtsseite des zukünftigen Bonsai zu finden. Wenn der Baum sich vom Betrachter etwas abwendet, dann erhält dieser etwas mehr Tiefe, so dass nun der schräg aufsteigende Stamm nach hinten rechts zeigt.
Um eine Stammverjüngung zu erhalten, musste der gerade und relativ gleich starke Stamm stark eingekürzt werden. Das sieht zwar im ersten Moment sehr grobmotorisch gehandelt aus, hat aber im weiteren Gestaltungsverlauf eine gute Wirkung.

Fortsetzung folgt.

Viele Grüße :wink:
Thomas
 

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Biba

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Oh ja, die würde mir auch im Vorgarten gefallen.

Nun lass mich aber bitte nicht so lange zappeln Thomas. Ich will sehen wie es weiter geht. :)


Kann ich Bergkiefern aus einer Baumschule künstlich klein halten ohne ihnen zu Schaden? Also beispielsweise durch wegknipsen neuer Triebe? Habe das in der Art im Garten mit einem Walnussbaum probiert und es klappt. Er wächst nicht hoch, gerade so 2m nach 6 Jahren, dafür aber enorm dicht und fest.

Oder sind die Bonsaibäume tatsächlich immer alle "normale" Züchtungen und nur durch die Behandlungen klein gehalten?
 

Tsukubai

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Biba schrieb:
Oh ja, die würde mir auch im Vorgarten gefallen.

Nun lass mich aber bitte nicht so lange zappeln Thomas. Ich will sehen wie es weiter geht. :)


Kann ich Bergkiefern aus einer Baumschule künstlich klein halten ohne ihnen zu Schaden? Also beispielsweise durch wegknipsen neuer Triebe? Habe das in der Art im Garten mit einem Walnussbaum probiert und es klappt. Er wächst nicht hoch, gerade so 2m nach 6 Jahren, dafür aber enorm dicht und fest.

Oder sind die Bonsaibäume tatsächlich immer alle "normale" Züchtungen und nur durch die Behandlungen klein gehalten?
Hallo Frank,

kaufe Dir bitte dieses Buch. Es ist nicht teuer und es ist vom Inhalt sehr informativ. Jede Pflanze ist anders und es gibt sehr viele Methoden Pflanzen gedrungen zu halten. Schneiden ist eine davon. Bergkiefern kann man schneiden, aber in der Regel kommen neue Triebe nur dort wo sich auch Nadeln befinden. Durch das Rausdrehen von Knospen wird die Kiefer dichter.

Viele Grüße :wink:
Thomas
 

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Tsukubai

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Hallo Zusammen,

nun werden die Äste selektiert. Astquirle wirken nicht und es kann nur einen (Ast) geben (Highländerprinzip :lol: )
Also sollte man bevor man anfängt zu schneiden, sehr wohl überlegen wo man die Schere und die Astzange ansetzt.

Äste die komplett entfernt werden sollen können abgesägt oder mit der Schere geschnitten werden. Im Anschluss wird mit der Konkavzange der Schnitt in das Holz vertieft, damit bei der Verheilung kein Buckel am Stamm entsteht.
Man kann Astreste aber auch zu Totholz verwandeln. Das habe ich an dieser Bergkiefer mit kleinen alten Aststümpfen gemacht. Dieses künstliche Totholz wird dann mit einem Jinmittel gegen Fäulnis behandelt.

Anbei zwei weitere Bilder von der Astselektion und eins mit dem Minitotholz.

Beim Anblick der Bilder werden so manche bestimmt denken "Der ist bekloppt. Der sägt ja alle Äste ab. Und bald ist nichts mehr dran"

Das hat meine Frau auch gesagt :lol: :lol:

Aber abwarten, denn eine Fortsetzung folgt :lol:

Viele Grüße :wink:
Thomas
 

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Tsukubai

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Hallo Zusammen,

beim Schneiden sollte man versuchen darauf zu achten, dass Schnittstellen möglichst nach hinten zeigen um die künstliche Verjüngung des Stammes dem Betrachter zu verbergen. Zum schnellen Verheilen aber auch zur Desinfektion, werden die Schnittstellen mit künstlicher Rinde (Lac Balsam) verschlossen.

Um überhalb der Stammkappung eine Verjüngung im Stamm zu bekommen, wird ein geeigneter Seitenast mit stärkerem Bonsaidraht (in meinem Fall sogar doppelt) sowie einem Spanndraht hochgezogen.
Nun gilt es Volumen in die Astetagen zu bekommen.

Anbei zum Vergleich die gleiche Bergkiefer vor und nach der Gestaltung und das nur innerhalb eines Tages:shock:

Höhe ohne Schale: 41 cm
Breite: 36 cm

Wie findet Ihr die Gestaltung :?: Ich bin mal gespannt was Ihr dazu sagt.

Viele Grüße :wink:
Thomas
 

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Traudel

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Das hätte ich mich nie getraut,
aber du weißt ja was du tust.
Wir werden den Baum ja bestimmt bald
wieder mal sehen und darauf bin ich gespannt !
 

Tsukubai

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Traudel schrieb:
Das hätte ich mich nie getraut,
aber du weißt ja was du tust.
Wir werden den Baum ja bestimmt bald
wieder mal sehen und darauf bin ich gespannt !
Hallo Traudel,

hätte diese Bergkiefer nicht so einen schönen Wurzelballen gehabt, dann hätte ich mir bis nächstes Jahr Zeit gelassen. Aber unter diesen optimalen Voraussetzungen, sehe ich da gar keine Probleme auf mich zu kommen!
Von diesem Baum werde ich in den nächsten Wochen ein neues Bild einsetzen.

Viele Grüße :wink:
Thomas
 

Biba

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Hallo Thomas,

also Buch ist bestellt un dich werde mal damit beginnen Grndlagen zu erfahren.

Allerdings muss ich zugeben, das ich gerade bei dem Bild schon sehr geschockt war. Gerade weil sie wie sie war mir schon so gefallen hatte. Bin also sehr sehr darauf gespannt was daraus in ein paar Wochen wird.
 

Tsukubai

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Biba schrieb:
Allerdings muss ich zugeben, das ich gerade bei dem Bild schon sehr geschockt war. Gerade weil sie wie sie war mir schon so gefallen hatte.
Hallo Frank,

vielen Dank für Dein Feedback und Deine ehrliche Meinung. Sehr interessant, denn man kann sich nun die Frage stellen, wie denn nun ein Bonsai auszusehen hat?
Soll es ein Baum oder Busch mit ansehnlichen Blätter - oder Nadelkugeln sein, oder soll der Bonsai genauso aussehen wie das Original halt nur viel kleiner?
Sehr gute Bonsai sind oft sehr alt und erzählen eine Geschichte. Die wohl besten Bonsai Japans sind Yamadori (aus der Natur entnommene Bäume), welche in den Bergen gesammelt worden sind. Diese Bäume haben natürlich keine nett anschauenden Blätterkugeln, sondern haben durch ihren oft bizarren Wuchs ein sehr altes Aussehen.
Ich war vor drei Wochen in der Schweiz im Urlaub. Bei einer Höhenwanderung um die 3000 Meter, entdeckte ich im Felsen einige Bergkiefern die so manchen Steinschlag, Schneelawine, Trockenheit wie auch Frost überstehen mussten. Diese Naturgewalten haben diese Bäume geformt.
Mit dieser Inspiration von diesen Anblicken habe ich mich an meine neue Bergkiefer herangewagt und ich bin sehr, sehr zufrieden mit diesem Ergebnis.
Diese Bergkiefer steht nun in der Anfangszeit im kühlen Halbschatten unseres Gartens und bekommt zwei Mal am Tag eine kleine Dusche. Da ein richtig guter Wurzelballen vorhanden ist, wird sich dieser Baum bestimmt in den nächsten Jahren zu meinen Top Ten Bonsai entwickeln. Ich freue mich richtig darauf.

Viele Grüße :wink:
Thomas
 

Biba

Mitglied
Hallo Thomas,

sicherlich ist das auch eine Geschmacksfrage wie man sich "seinen" Bonsai so vorstellt. Ich bin da weniger der Typ der als Bonsai Formgewächse mag, sondern lieber das Bizarre. Je ungewöhnlicher, desto spannender find ich den Baum.

Und sowas wie du es in den Schweizerbergen beschreibst, das hätte ich zu gerne in meinem Vorgarten. Etwas was über einen Stein nach unten hängt und dann nach oben gewachsen ist.
 
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